Gewinnschreiben

Täglich erhalten Hunderttausende bundesweit Schreiben, in denen den Empfängern der Gewinn eines beachtlichen Geldbetrages mitgeteilt wird. Tatsächlich wird keiner dieser Gewinne ausgezahlt, obwohl es darauf einen gesetzlichen Anspruch gibt.

 

§ 661a BGB lautet:

 

„Ein Unternehmer, der Gewinnzusagen oder vergleichbare Mitteilung an Verbraucher sendet und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen Preis gewonnen hat, hat dem Verbraucher diesen Preis zu leisten.“

 

Die Durchsetzung dieses gesetzlichen Anspruchs erweist sich in der Praxis allerdings als schwierig, weil sich die Versender von Gewinnschreiben nicht zu erkennen geben und mit Postfächern und falschen Adressen ihre Identität verschleiern. Dennoch gibt es Möglichkeiten den Gewinnanspruch durchzusetzen:

 

Das Landgericht Gießen hat jetzt in einem Grundsatzurteil (Urteil vom 30.09.2009, Az.: 20 189/09) erstmals den Verkäufer bei einer Kaffeefahrt zur Auszahlung des im Einladungsschreiben versprochenen Gewinns verurteilt. Das Urteil hat weitreichende Bedeutung, denn damit haften nicht nur die tatsächlichen Versender der Gewinnschreiben für den versprochenen Gewinn, sondern auch diejenigen, die die finanziellen Vorteile aus der Versendung dieser Gewinnmitteilungen haben; dies sind die Verkäufer bei Kaffeefahrten.

 

Dies hat folgenden Hintergrund: Solche Gewinnschreiben geben als Kontaktadresse regelmäßig nur Postfächer an. Diese Postfächer erhalten die Versender der Gewinnschreiben von der Post auf Antrag, ohne dass die Post die Identität der Antragsteller überprüft. Die Post ist zwar gesetzlich verpflichtet für jedes Postfach eine ladungsfähige Anschrift zu hinterlegen, kommt dieser Verpflichtung aber nicht nach. Statt sich Personalausweise von natürlichen Personen und Handelsregisterauszüge von Firmen usw. bei der Antragstellung vorlegen zu lassen, meint die Post ihrer gesetzlichen Pflicht zur Feststellung einer ladungsfähigen Anschrift dadurch nachzukommen, dass sie ein Schreiben an die von dem Antragsteller angegebene „ladungsfähige“ Anschrift sendet. Mit diesem Schreiben kann dann der Antragsteller bei der Post die Schlüssel für das Postfach abholen. Was die Versender der Gewinnmitteilungen aber als Anschriften bei der Post angeben sind niemals ladungsfähige Anschriften. Häufig wird ein leerer Briefkasten in einem großen Wohnblock mit dem Namen der angeblichen Firma beklebt. Ist erst einmal der Brief der Post dort eingegangen, werden die Adressaufschriften dann wieder entfernt. Zum Teil werden aber auch über Strohmänner Briefkästen angemietet bei Firmen, die ihre Anschrift genau zu solchen Zwecken zur Verfügung stellen. Der Antragsteller erhält so das Postfach, ohne dass seine Identität festgestellt werden kann. Bei den Betreiber dieser Postfächer lässt sich somit so gut wie nie der mitgeteilte Gewinn einfordern. Die Einforderung des Gewinns über die Postfach-Adresse sorgt bei den Versendern nur für ein müdes Lächeln.

 

Andererseits werden diese Schreiben ja nicht zum Spaß verschickt. Regelmäßig führt die Ausflugsfahrt in eine Verkaufsveranstaltung, auch wenn manchmal ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es keine Kaffeefahrt sei. Das Landgericht Gießen sieht wegen der Verschleierung der Versender den Verkäufer in einer solchen Veranstaltung als Verantwortlich für die Auszahlung des in der Einladung versprochenen Gewinns:

 

„Der Beklagte war also Auftraggeber der Planung und Organisation durch die Firma Saturn Reisen B.V. und damit der letztlich Handelnde, der wahre Versender der Gewinnzusage, an der er sich nunmehr festhalten lassen muss.

Hierfür spricht nicht nur, dass er derjenige ist, der von der Veranstaltung selbst maßgeblich wirtschaftlich unmittelbar profitiert, dies ist auch das offensichtliche Ziel, zu dem die gesamte Konstruktion über die Organisationsfirma und die vordergründig aufgebaute Scheinfirma aufgebaut ist. Denn diese Konstruktion dient nur dem Ziel, dem Beklagten die Verkaufsveranstaltung zu ermöglichen, ohne den versprochenen Gewinn zu gewähren, zu dessen Auszahlung offenbar von Anfang an keine Bereitschaft bestand.

Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob der Beklagte, wie er behauptet, keine Kenntnis von den konkreten Einladungsschreiben hatte. Denn der Beklagte war Auftraggeber des Organisationsbüros und muss sich deren Kenntnis zurechnen lassen, wenn er die Leistung entgegennimmt und bezahlt. Denn damit gibt er seine Billigung der erbrachten Leistung zum Ausdruck. ...

Der Unternehmer, der es in der Hand hat, durch Vorgaben zur Planung und Organisation an das von ihm beauftragte Organisationsbüro sicherzustellen, dass die Einladung zu der Verkaufsveranstaltung in zulässiger Weise erfolgt, ist daher in gleicher Weise verantwortlich als hätte er die Gewinnzusage selbst gesendet.“

 

Nach dieser Rechtsprechung nutzt den Verkäufern die ganze Verschleierung der Versender also nichts. Verantwortlich ist der, der gegenüber den Gewinnbriefempfängern auftritt, also der Verkäufer bei der Kaffeefahrt. Auch die in den Gewinnschreiben nahezu regelmäßig eingebauten Ausreden, es sei nur ein Rubbellos gewonnen, lassen den Anspruch der Briefempfänger nicht entfallen.

 

Auch ein Rubbellosgewinner hat Anspruch auf Auszahlung des mitgeteilten Gewinns!

 

Der Verkäufer wollte sich vorm Landgericht Gießen damit herausreden, dass der Kläger nicht 8.000,00 Euro gewonnen habe, sondern nur nominiert sei und ein Rubellos gewonnen habe, mit denen er dann die Chance habe 8.000,00 Euro zu gewinnen. Diese Ausrede akzeptierte das Landgericht Gießen nicht und führt dazu aus:

 

„Eine Zusendung ist eine Gewinnzusage oder vergleichbare Mitteilung i.S.d. § 661a BGB, wenn sie – nach Inhalt und Gestaltung – abstrakt geeignet ist, bei einem durchschnittlichen Verbraucher in der Lage des Empfängers den Eindruck zu erwecken, er werde einen – bereits gewonnenen – Preis erhalten; auf das subjektive Verständnis der Zusendung durch den konkreten Empfänger kommt es nicht an. Ob eine Gewinnzusage vorliegt, beurteilt sich nach dem Gesamteindruck (BGH NJW 2004, 1652 f). Es besteht kein Zweifel daran, dass ein durchschnittlicher Empfänger nach dem Inhalt dieses Schreibens den Eindruck gewinnen konnte, ihm werde am 30.04.2009 ein Gewinn in Höhe von 8.000,00 Euro ausgezahlt. Die Formulierungen „Herr X hat den Gewinn nicht abgeholt“ und „Letzter Termin zur Auszahlung 30.04.2009!“ sowie „Ohne Resonanz Ihrerseits wird das Bargeld neu verlost“ erwecken unzweifelhaft den Eindruck, der Vorgang der Ermittlung des Gewinners sei abgeschlossen, der namentlich genannte Empfänger stehe als Gewinner fest und der Preis bestehe in einem Bargeldbetrag. Letzteres wird noch verstärkt durch den Zusatz „Uns erscheint es ungewöhnlich, wollen Sie wirklich auf das Bargeld verzichten?“ im weiteren Verlauf des Schreibens. Auch der Hinweis, dass der Betrag einer wohltätigen Organisation gespendet wird, wenn sich der Empfänger nicht meldet, ergibt nur dann Sinn, wenn bereits feststeht, dass der Empfänger der Gewinner des Betrages ist.

Die Höhe des Gewinns ergibt sich ohne weiteres aus dem rechten der drei in der Mitte des Schreibens dargestellten Kästchen, in dem es in der oberen Spalte heißt: „3. Preis – 8.000 Euro in Bar.“ Daran ändert auch die kleingedruckte Zeile unter der Preisbezeichnung in der es heißt „Rubellosgewinner“ nichts. Aufgrund der plakativen und drucktechnisch hervorgehobenen Mitteilung des Barpreises und der daneben stehenden Angabe, auch der erste und zweite Preis – jeweils auch versehen mit der Angabe „Rubbellosgewinner“ – seien bereits übergeben bzw. ausgezahlt worden, kann der Empfänger der Mitteilung annehmen, ihm werde der Barpreis übergeben, nicht lediglich ein Rubellos. Der oben angeführte Text des Schreibens zur Neuverlosung oder Spende des Betrages macht im Übrigen keinen Sinn, sollte der Gewinn nur in einem Rubellos bestehen.“

 

 

Auch wenn Sie also nur ein Rubellosgewinner sein sollen, kann ein Anspruch auf den mitgeteilten Gewinn bestehen. 

 

Gewinnschreiben nicht wegwerfen!

 

Die Polizei und Verbraucherschützer erteilen fast regelmäßig den Rat, solche Gewinnschreiben wegzuwerfen. Dieser Rat ist falsch und bedeutet, dass Sie Ihr Geld in den Papierkorb werfen sollen. Einem solchen Ratschlag sollten Sie daher besser nicht folgen. Es besteht nämlich ein Anspruch auf Auszahlung des Gewinns und solche Ansprüche können durchaus durchsetzbar sein.

 

Was muss ich tun?

 

Um seinen Gewinn durchzusetzen, ist es aber notwendig an der Kaffeefahrt teilzunehmen. Nur so kommt man an den Verkäufer, den man ja in Anspruch nehmen will. Wer seinen Gewinnanspruch durchsetzen will, der muss also bereit sein einen Tag Freizeit zu opfern. Nimmt man an der Fahrt teil, so muss man sich darüber im klaren sein, dass nahezu alles was der Verkäufer sagt gelogen ist. Die erste Lüge ist gleich am Anfang seine Vorstellung, denn regelmäßig arbeiten auch die Verkäufer bei Kaffeefahrten mit falschen Namen. Dann werden bei fast jeder Kaffeefahrt den Teilnehmern angeblich medizinisch wirkende Mittel oder angebliche Magnetfeldtherapien angeboten. Diese Mittel, die dort für 1.000,00 Euro und mehr angeboten werden, sind in Wirklichkeit einfache Nahrungsergänzungsmittel ohne jede medizinische Wirkung im Wert von ca. 50,00 Euro. Magnetfeldtherapien entpuppen sich als billige Matratzen. Der Verkauf von solchen medizinischen „Wundermitteln“ ist als Betrug strafbar. Sobald es soweit ist, muss die Polizei verständigt werden um den Verkauf der Wundermittel an unbedarfte Senioren zu unterbinden. Der positive Nebeneffekt ist, dass die Polizei die Personalien des Verkäufers aufnimmt, die auch zur Durchsetzung des Gewinnanspruchs benötigt werden.

 

Wenn Sie ein Gewinnschreiben mit Einladung zu einer Ausflugsfahrt erhalten haben und den versprochenen Gewinn durchsetzen wollen, setzen Sie sich mit mir in Verbindung.